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Erfahrungsbericht

NASA-Forschung: ADAMS

Verkehrsflugzeuge fliegen selten schneller als 1000 km/h. Die Hyperschall-Experimentalfluggeräte, die Forscher des NASA-Forschungszentrums Langley in Hampton (Virginia) und des NASA-Flugforschungszentrums Dryden in Edwards (Kalifornien) derzeit entwickeln, werden jedoch bis zu 10-mal schneller als der Schall fliegen, d.h. mit ungefähr 11.000 km/h. Hyper-X, das mehrjährige, Millionen Dollar schwere Hyperschall-Flug- und Bodentestprogramm, soll wichtige Basistechnologien, darunter ein in die Zelle integriertes, "Luft atmendes" Triebwerk entwickeln und erproben.

Dave Bose, leitender Projektingenieur bei Analytical Mechanics Associates (AMA) aus Hampton (Virginia) und wichtiges Hyper-X-Teammitglied, erläutert: "Bei Mach 10 müssen alle Teilsysteme des Fluggeräts fehlerfrei funktionieren, anderenfalls können die Folgen fatal sein. Von Start und der Trennung des Geräts von der Pegasus-Rakete bis zum Triebwerksversuch bei Mach 10 ist die erfolgreiche Durchführung jeder einzelnen Phase des Testfluges entscheidend dafür, dass wir unser Ziel, die Erfassung von aerodynamischen und Antriebsdaten, erreichen."

AMA liefert das Know-how für die Lösung komplexer Probleme durch mathematische Modellierung und entwickelt Simulationstools. Im Hyper-X-Projekt wurde dieses Wissen genutzt, um das Problem der Trennung des Hyper-X-Geräts von der Pegasus-Rakete zu untersuchen. Moderne Simulationstechnologien, wie z.B. ADAMS, eine Simulationssoftware für mechanische Systeme von Mechanical Dynamics aus Ann Arbor (Michigan), waren für die Zuverlässigkeit der Analyse entscheidend.

ADAMS reduziert die Risiken
Um alle technischen Unwägbarkeiten und ihre Auswirkungen auf den Trennvorgang zu berücksichtigen, sah das Hyper-X-Programme zwei Möglichkeiten vor: die Vorbereitung mehrstufiger Systemtests mit prototypischen Modellen zur Überprüfung der Trennung unter Extrembedingungen oder die Entwicklung realistischer physikalischer Simulationsmodelle. Die Tests hätten mindestens 400.000 Dollar gekostet und das Projekt um 12 oder mehr Monate verlängert - eine sehr teure Option.

Stattdessen entwickelte AMA ein ADAMS-Modell des Trennmechanismus, einschließlich Ausstoßkolben, Pegasus-Rakete, Träger und Hyper-X-Testgerät. Der Einfachheit halber waren die Kolben als Masse-Feder-Elemente modelliert. Die aerodynamischen Lastdaten wurden als mehrdimensionale Spline-Funktion aufgebracht. Der Spline wurde für verschiedene Positionen und Orientierungen des Testgeräts aus Windtunneldaten generiert, die das Entwicklungszentrum Arnold der US Air Force gewonnen hatte. Das Ergebnis war die vollständige Darstellung der aerodynamischen Lasten für verschiedenste Situationen bei der Trennung.

Damit die Variablen schnell geändert werden konnten, waren das ADAMS-Modell sowie die Kolbenkennwerte, Masseneigenschaften, Befestigungspunkte und andere Systemkomponenten parametrisiert. Insgesamt waren mehr als 50 Parameter als ADAMS-Variablen definiert. Dadurch konnten Batch-Simulationen mit dem Modell vorgenommen werden. Mit der ADAMS-Anwendung wurden Monte-Carlo-Analysen durchgeführt, die mit zufälligen Parameterwerten arbeiten. Der Einsatz einer SGI-R10000-Station mit 12 Prozessoren, auf der acht ADAMS-Installationen liefen, ermöglichte eine hohe Rechengeschwindigkeit. Jedes Szenario wurde auf eine ausreichende Freigängigkeit beim Trennvorgang und ein akzeptables Antwortverhalten auf den Trennstoß geprüft. Das Ergebnis war eine 99,7-prozentige statistische Sicherheit, dass die Mission nicht auf Grund des Trennmechanismus scheitern würde.

Kritischer Trennvorgang
Die Trennung des Hyper-X-Geräts von der Pegasus-Rakete dauert etwa 400 Millisekunden - ungefähr so lange wie ein Augenzwinkern.

Das Hyper-X-Gerät ist mit einem speziellen Träger an der Pegasus-Rakete befestigt. Der Träger ist in die Raketenspitze integriert und hält das Hyper-X-Gerät mittels mehrerer Sprengbolzen. Diese befinden sich auf dem Schott des Trägers und seinem trapezförmigen Vorderteil, das sich in den Düsenbereich des Hyper-X-Gerätes einpasst. Die Trennung wird durch zwei Hochdruck-Auswurfkolben eingeleitet, die das Testgerät ausstoßen und dabei die Sprengbolzen aktivieren. Gleichzeitig beginnt das Hyper-X-Lageregelungssystem, das Gerät in die für das Triebwerksexperiment erforderliche Position zu bringen. Alle diese Prozesse erfolgen bei hoher Machzahl, d.h. unter stärkster aerodynamischer Erhitzung und extremem Staudruck.

Unwägbarkeiten im Trennvorgang
Es bestehen noch große Unklarheiten hinsichtlich der Ausgangsdaten für die Hyper-X-Mission. Bose erläutert: "Wir suchen Antworten auf Fragen wie: Wie hoch sind die Kräfte unter Hyperschallbedingungen? Wie hoch ist der Druck in den Kolben als Funktion von Zeit, Hublänge und Last? Wie hoch ist die tägliche Varianz von Höhe, Wind, Druck, Dichte usw. in der Atmosphäre? Gibt es Justierungsprobleme? Wie sind die Masseneigenschaften?"

"Alle diese Faktoren beeinflussen den Trennvorgang. Wir sehen es als Herausforderung an, unter Abwägung aller dieser Unsicherheiten eine mindestens 99,7-prozentige Erfolgswahrscheinlichkeit für die Trennung zu erzielen."

ADAMS-Simulationen zur Entwurfskontrolle
Die Konstruktion des Trennmechanismus für ein Hyperschall-Fluggerät ist in der Tat eine hochkomplexe Leistung. Während der Entwicklung des Fluggeräts wurde bei NASA Langley zeitweilig ein alternativer Trennmechanismus untersucht: Das gesamte Trägervorderteil, die sogenannte Haltebacke, sollte bei der Trennung abgeworfen werden. Die aerodynamischen Kräfte auf der Backe wären im Hyperschallbereich jedoch so groß gewesen, dass eine Katastrophe nicht auszuschließen gewesen wäre. Wie die ADAMS-Simulation zeigte, hätte die Backe noch vor einer ausreichenden Abtrennung in die Rakete schlagen und das Hyper-X-Gerät durch die erhöhten aerodynamischen Lasten bei der Backenschwenkung zerstört werden können.

Weitreichende Wirkung
Das Hyper-X-Programm beschäftigt sich mit einem der größten flugtechnischen Forschungsprobleme, dem luftbasierten Hyperschallflug. Auf Basis der Forschungsergebnisse der X-43A-Geräte des Hyper-X-Programms könnte eine neue Generation von Flugzeugen und Raumfahrzeugen entwickelt werden.

Heutige Flugzeuge sind auf Unterschall- oder geringen Überschallflug begrenzt. Die SR-71, die mit etwas mehr als Mach 3 fliegt, ist das weltweit schnellste Flugzeug mit Düsenantrieb. Um Geschwindigkeiten von Mach 10 zu erreichen, müssen neue Antriebstechnologien, wie z.B. Scramjet-Antriebe (Supersonic-Combustion Ramjet), entwickelt werden. Scramjets sind Staustrahltriebwerke (Ramjets), bei denen die Luft das gesamte Triebwerk mit Überschallgeschwindigkeit durchfließt. Scramjets können am Boden, z.B. in Windtunneln, nur begrenzt getestet werden. Das Hyper-X-Programm soll mittels eines unbemannten Testfluggerätes verlässliche Daten für den Scramjet bei hohen Machzahlen ermitteln.

Hyper-X-Kennzahlen
Das Hyper-X-Gerät ist etwa 3,5 Meter lang, 1,5 Meter breit und wiegt knapp 1.400 Kilo. Es ist mit einem Scramjet-Triebwerk, Steuerungssystemen sowie Rechensystemen für Navigation, Datenerfassung und -übermittlung ausgerüstet. Das Fluggerät wird an die Spitze einer Pegasus-Rakete montiert. Das Pegasus-Hyper-X-Paar wird unter dem Flügel einer B-52 der NASA Dryden hervor gestartet.

Die B-52 trägt die Pegasus und das Hyper-X-Gerät zunächst auf eine Starthöhe von etwa 13.000 Metern. Dort werden sie ausgeklinkt und die Pegasus-Rakete schießt das Hyper-X-Gerät auf Testbedingungen. Momentan sind drei Tests geplant - zwei bei Mach 7 in 29.000 Metern und einer bei Mach 10 in 30.500 Metern Höhe. Beim Erreichen der Testbedingungen wird das Hyper-X-Gerät von der Pegasus-Rakete getrennt, das Scramjet-Triebwerk gestartet und die Datenerfassung aufgenommen.





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Seite zuletzt geändert am 17. Februar 2000
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